So geht’s: Bewerbung als Lobbyist

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Politische Intrigen und Ironie: Ein unerwarteter Karriereweg als Lobbyist

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Es war Februar, die Morgensonne hatte es schwer mit den dichten Wolken, und Friedrich schaute aus seinem Bürofenster auf die Straße. Menschen. Viele davon mit tief sitzenden Hosen und kurzen T-Shirts. Und einige, die weniger Bauch zeigten, allerdings, ihrem Alter entsprechend, ihre Unzufriedenheit mit einer Nabelschau der ganz anderen Art auf großen Schildern zum Ausdruck brachten. Schilder mit Aufschriften wie „Kein Merz im Februar“ oder „Wie wär’s mit Herz, Herr Merz“. Er war gefangen, gefangen und sogar verwirrt: War diese Kritik an ihm eigentlich von dieser Meinungsfreiheit gedeckt? Seiner Meinung nach hat ja jeder das Recht, seine Meinung frei zu äußern. Wenn es nach ihm geht sogar in Wort, Schrift und Bild. Aber gegen ihn? War das erlaubt? Woher hatten diese Menschen nur diese Informationen? Waren die wirklich frei zugänglich? Und durften diese Menschen die überhaupt lesen? Warum konnten die überhaupt lesen, wo doch fast 30 Jahre jetzt alles dafür getan wurde, dass dieses unnötige Kulturgut endlich verschwindet? Das konnte nicht mit rechten Dingen zugehen! Schon weil das doch sicher diese linken und grünen Spinner waren.

Was eine Nichtregierungsorganisation von völlig unverdächtiger Lobbyarbeit unterscheidet

Diese Nabelschau ließ ihn nachdenken. Er stellte die Meinungsfreiheit nicht in Frage, solange das den Blick auf den Nabel junger Menschen freigab. Er fand auch, dass jeder ein Recht auf ein Croissant mit Kaffee an so nebligen Tagen wie diesem haben sollte. Aber sollten Omas gegen Rechts nicht irgendwie politisch neutral sein? Was wussten die schon? Hatten die etwa erlebt, was damals so war? Blödsinn! Oder wer braucht schon Medien wie Correctiv, wo es doch schon den Qualitätsjournalismus der Springerpresse oder von Herrn Reichelt gibt, die völlig neutral zugunsten seiner Partei berichten? Friedrich fand, das sollte überprüft werden. Und Friedrich hatte Fragen! Um genau zu sein 551.

Allmählich breitete sich wieder ein beinahe dämonisches Lächeln auf seinem Gesicht aus. Natürlich wäre es doch absurd, wenn sich Nichtregierungsorganisationen irgendwie finanzieren dürften. Schon gar nicht aus öffentlichen Mitteln – auch wenn diese Mittel vollständig zweckgebunden sind und bei der sonstigen Arbeit überhaupt keine Rolle spielen. Wo doch die öffentlichen Mittel viel besser in der Lobbyarbeit von einigen wenigen Unternehmen angelegt sind, die ihm schon oft die Schreibarbeit für ganze Gesetzesentwürfe gerne abgenommen haben. Zumal das ja auch finanzielle Vorteile für ihn selbst und seine politische Arbeit bringt – natürlich völlig legal und legitim. Warum sollten Bürger mit weniger Geld denn dieselben Rechte haben? Schließlich können die doch auch Lobbyisten werden. Leistungsträger der Gesellschaft. Wie jeder normale Mensch, der sein Geld für sich arbeiten lassen kann.

Fast im selben Moment drehte er sich um und ging durch die Tür am anderen Ende des Raumes. Irgendwo dort, natürlich rechts von der Halle, in der Nähe der großen Säulen aus Marmor, begegnete Friedrich einem Mann, der ein Jahr zuvor noch sein Kollege in einem Unternehmen, dessen Name für die Öffentlichkeit uninteressant ist, gewesen war. Sie blieben voreinander stehen und nach der üblichen Begrüßung übergab ihm dieser Mann eine Mappe. Und mit dieser schönen Geste endete die Begegnung der beiden ehemaligen Kollegen auch wieder. Eine Stunde danach saß Friedrich an seinem Schreibtisch und studierte die Unterlagen. Was dort stand freute ihn, ohne genau zu wissen, warum. Er mochte es einfach nach solchen langen Tagen mit unerfreulichen Blicken aus dem Fenster, auszuspannen und sich Bewerbungen für eine weitere Stelle als Lobbyist anzusehen. Zum Beispiel die folgende:

Friedrich Merz MdB
Platz der Republik 1
11011 Berlin

28.02.2025

Kleine Dinge – Große Wirkung: Bewerbung zur Lobbyarbeit als Repräsentant meines Unternehmens

Sehr geehrter Herr Merz,

Weil sie durchhielt erreichte auch die Schnecke die Arche Noah.

(Unbekannter Verfasser)

Kennen Sie das Gefühl, in einer endlosen Flut von Stimmen und Meinungen unterzugehen? Inmitten eines tosenden Meeres von Interessen und Ideologien, die alle nach Aufmerksamkeit ringen? So fühlt es sich manchmal an. Doch anstatt panisch nach einem Rettungsboot zu suchen, habe ich gelernt, mit dem Strom zu schwimmen und mich und mein Schäfchen ins Trockene zu bringen. Ich habe einen roten Faden gefunden, der mich durch dieses komplexe Terrain führt. Eine Welt aus Verbindungen und Einflüssen, die mir vertraut geworden ist. Und genau hier, an diesem Punkt, habe ich meine Entscheidung getroffen: Ich möchte diese Welt mitgestalten und politische Entscheidungsträger zu meinen Gunsten beeinflussen – und natürlich im Interesse der Allgemeinheit.

In einer sich ständig wandelnden Welt habe ich mich entschieden, den Dingen meinen Stempel aufzudrücken. Meine Fähigkeiten im Verdrehen von Fakten habe ich mir selbst erarbeitet. Von der Kunst der subtilen Beeinflussung bis hin zur gezielten Kommunikationsstrategie. Ich habe mich auf die Kunst des Lobbying spezialisiert, um Funktionalitäten und Lösungen zu entwickeln, die denjenigen helfen, die meinem Unternehmen Vorteile verschaffen können. Meine Stärken umfassen:

  • Erfahrung in der Analyse politischer-regulatorischer Entwicklungen, um sie zu unseren Gunsten zu nutzen
  • Fähigkeit, starke Beziehungen zu politischen Akteuren und Interessengruppen aufzubauen, die uns nützlich sind
  • Strategisches Denken und Problemlösungskompetenz, besonders wenn es darum geht, Hindernisse zu umgehen

Vielleicht fragen Sie sich jetzt, ob ich die richtige Person für diese Aufgabe bin. Und ich kann Ihnen darauf nur sagen: Lassen Sie es uns herausfinden. Sie können mich natürlich in einem persönlichen Gespräch kennenlernen, oder meine Fähigkeit testen, komplexe Themen so zu kommunizieren, dass sie genau das sagen, was wir wollen. Vielleicht entscheiden Sie sich auch dafür, mich langfristig als Ihren Lobbyisten zu engagieren. Alles ist möglich.

Ich freue mich darauf, Sie kennenzulernen und gemeinsam mit Ihnen die Welt ein wenig größer zu denken – oder zumindest ein bisschen interessanter.

Ich bin jetzt raus. Bleibt tapfer – und inspiriert!

Grüßle, Euer Andreas

P.S.: Der Text könnte Spuren von Satire enthalten.


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